Mutterherzen sind verwundbar.
Wir Mütter geben uns alle Mühe. Sind da, wechseln verschmutzte Bettwäsche auch mitten in der Nacht. Und lieben unsere Kinder. Mit der Aufzählung dessen, was wir alles für unsere Kinder tun und fühlen könnte ich ein Buch füllen. Und dann, trotz allem, passieren Dinge wie:
Dein Kind brüllt dich an. Oder geht auf dich los. Der Blick spricht Bände. Vielleicht beschimpft es dich. Als schlechte Mutter zum Beispiel – die wissen ja was wirklich weh tut.
Verachtung und Anschuldigung treffen tief in Dein Herz. Schläge, verbal, vielleicht auch mit den Fäusten oder Füssen.
Dein Kind fühlt sich total fremd an. Wo ist jetzt all das hin, das du bisher gefühlt hast?Gerade ist ein Teil deines Mutterherzens verwundet. Oder sogar gestorben? Ein bisschen fühlt es sich an wie tot.
Es fühlt sich an, als würde es das Kind, das es bis gestern war, nicht mehr geben
Als unsere Tochter das tat, ist ein Stück meines Herzens ist zersprungen. Nie hätte ich gedacht, dass mein geliebtes Mädel mich je so behandeln würde.
Habe ich sie nicht wirklich gesehen? Habe ich mir ein Wunschbild zusammengesetzt? Ich war so unglaublich verletzt und wie betäubt.
Was kannst du in einer solchen Situation tun?
- Wisse: Es hat nichts damit zu tun, dass du als Mutter falsch wärest. Du bist wunderbar, so wie du bist.
- Es ist normal und gehört dazu, dass eine Mutter in den Augen des Kindes blöd ist. Das darf sein – oder muss es sogar manchmal?
- Die Mutter ist die Person, bei der die Entladung am einfachsten geht – etwas doof für uns Mütter, aber auf der anderen Seite typisch für die Beziehung, in der man sich sicher fühlt.
- Erinnere dich an Situationen, in denen du dich besonders verbunden mit deinem Kind gefühlt hast. Es ist immer noch dasselbe Kind.
- Tu dir was Gutes. Ich bin damals ein Eis essen gegangen. Ganz allein. Jawoll.
Und dann:6) Enttarne deine Empörung! Empörung ist eine gut getarnte Falle.
Bei solchen Zwischenfällen mit meinen Kindern war ich häufig wütend und empört.
Wie kann sie oder er nur? Es wäre doch das mindeste, dass… Hui und dann fallen mir noch x Dinge dazu ein, die auch überhaupt nicht gehen.
Wie kannst du Wut und Empörung unterscheiden?
Wut ist möglicherweise direkt und aggressiv, Wut entsteht, wenn grosser Schmerz darunterliegt. Sie kann klärend sein. Sie kann auch destruktiv sein, wenn sie entgleitet. Aber Wut ist eine Kraft, eine Lebenskraft. Wut ist zielgerichtet, Sie schreit: Halt, Stopp!
Empörung dagegen ist ein inneres Gerangel, ein Hadern mit vielem, das mit der Person und/oder Situation zusammenhängt. Empörung gerät vom hundertsten ins tausendste. Wenn ich mich über das Verhalten eines anderen Menschen (oder Tieres oder einer Partei oder…) empöre, dann erhebe ich mich über sie. Ich bin dann besser.
Und genau da liegt die Falle. Ich empöre mich aus einem bestimmten Grund über etwas und dieser Grund liegt in mir. Die Empörung ist eine regelrechte Drama-Queen und sie kann wunderbar ablenken mir selbst. Das heisst nicht, dass es nichts gibt an der Situation, das dich stört und nervt oder Wut in dir auslöst. Aber wenn du empört bist, dann bekommt das einen Eigendynamik. Und die ist selbstgemacht.
Während die Wut „jetzt reichts aber!“ schreit garniert mit einem wunderbaren Cocktail an Schimpf- und Fluchwörtern, fängt die Empörung an, sich hineinzusteigern, der Verstand bringt immer neue Argumente dazu. Ha, und das auch noch und das. Das ist doch unfassbar so was.
Empörung ist ein Wolf im Schafspelz. Warum?
Weil sie so tut, als wären wir selbst ein Unschuldslamm. Tatsächlich hat ja jedes Gefühl, jede Emotion, die in dir aufsteigt auch etwas mit dir zu tun. Bei der Empörung ist das nur noch viel stärker der Fall. Empörung kann nur dann entstehen, wenn Angst in dir ist.
Mir begegnet Empörung in Bezug auf meine Tochter immer wieder mal. Da regt mich ihr Verhalten so dermassen auf, aber so dermassen, dass ich ganz frustriert bin und mir überlege, wo ich als Mutter versagt habe und überhaupt sehr schlechte Laune bekomme.
Dabei ist es im Grund vor allem etwas in mir, das sie ankickt. Und dann geht die Zündschnur ab bei mir. Und ich kann mich herrlichstens über sie aufregen – klar da drin ist auch ein Funken Wahrheit. Nein mehr als ein Funken. Aber das könnte ich ja ganz klar ansprechen und in meine Führungsrolle gehen.
Aber nein, es empört mich. Und dann wie. Empörung ist ein Fass ohne Boden.
Empörung ist immer dann, wenn du dich unschuldig fühlst und dein Verstand gar nicht aufhört Kreise zu drehen und dir immer neue Gründe zu liefern, warum du recht hast. Aber sie fühlt sich nur vordergründig stark an. Sie ist ein Ablenkungsmanöver.
Hilfreich ist in einem solchen Moment nur etwas:
Das Empörungskarussell anhalten.
Das kann sich übrigens wunderbar tagelang drehen, während Wut verraucht. Aber hier kannst du bewusst sagen: STOPP!
Stopp, liebe Empörung und lieber Verstand. Danke, dass ihr mich auf etwas hingewiesen habt.
Jetzt könnt ihr aber Ruhe geben und ich mache mich auf die Suche nach dem Ursprung unseres Konfliktes und meiner Empörung. Ich hab nämlich keine Lust, auf noch x Wiederholungen desselben Dramas.
Da hilft dann nur ein bisschen Detektivarbeit, wovor habe ich in Wirklichkeit Angst? Welches ist diese Angst, die ich nicht fühlen und nicht sehen will?
Ich habe bei mir gefunden, dass ich mich am allerbesten über die Eigenschaften unserer Tochter empöre, die mich an mir selbst auch stören, oder vor deren Auswirkungen ich mich fürchte.
Das relativiert dann einiges und ich komme innerlich wieder zur Ruhe und kann wieder in meine Rolle als Mutter zurückschlüpfen und nicht mehr als Spielball meiner Nerven herumwuseln.
Falls es bei euch auch immer wieder kriselt und du da raus möchtest, dann unterstützen wir dich gerne dabei. Wir, Antoinette und Odette, nennen uns auch gern scherzhaft die „Miss Marples für Mütter“.
Denn das tun wir leidenschaftlich gern:
Mit Müttern liebevoll, wertschätzend und trauma-bewusst neues Licht ins Dunkel bringen und sie auf em Weg in die eigene Kraft unterstützen.
Und ja, meine Tochter ist noch dieselbe und mein Mutterherz schon längst verheilt. Narben trägt es eh. Das ist wohl unvermeidlich.